"Das Kaplitzer und das Egerer Gebiet, die zwei mächtigsten deutschen Basteien des böhmischen Landes.
Furchtbar wüteten seinerzeit die Hussiten in Sonnberg bei Gratzen. Mehrfach ist schon darüber geschrieben worden, weshalb ich hier von einer neuerlichen Schilderung dieser Greuel Abstand nehme.
Mehr als ein halbes Jahrtausend später folgte die totale Vertreibung der Deutschen von Sonnberg durch die Tschechen. Eine tschechische Zeitschrift brachte einen längeren Aufsatz mit vier Bildern vom damaligen Sonnberg. Der ganze tschechische Aufsatz und die Bilder sind hier photokopiert. Der Aufsatz hat V. Stanovsky zum Verfasser und trägt, ins Deutsche übersetzt, den Titel:
„Übermenschliche Opfer der roten Armada ermöglichten uns das große Werk der nationalen Reinigung.“ Im folgenden sei auszugsweise ein Teil wiedergegeben. Es heißt hier:
„In das Kaplitzer Gebiet, aus welchem Buquoy eine Bastei des deutschen Elementes machte, wurden eben 800 Familien aus dem Budweiser Gebiet umgesiedelt. Böhmisch Budweis ist nach Tabor der zweite böhmische Bezirk, der auf diese Weise unser böhmisches Grenzgebiet stärkt... Die ersten Ansiedler kamen ins Kaplitzer Gebiet am 26. September zu Mittag (Anmerkung des Verfassers: Das steht mit weiter unten gebrachten Sonnberger Angaben in Widerspruch). Sie wurden durch die Vertreter des Na’rodni Vy’bor in Böhmisch Budweis, des Einheitsverbandes der böhmischen Landarbeiter und durch den Ingenieur Kot‘atko für das Ministerium der Bodenkultur willkommen geheißen.“ ...Wir stehen jetzt hier, teure Freunde“, sagte Ingenieur Kot’atko, „auf der südlichsten Insel unseres böhmischen Landes, welche bis jetzt ein beinahe vollständig verdeutschtes Land war und eine Bastei des arroganten Deutschtums, ein Brennpunkt der Eroberung des germanische Elementes von den österreichischen Grenzen bis zu den südlichen Gebieten unseres schönen Böhmerlandes. Vor einigen Tagen übergab ich gleichfalls südböhmischen Landwirten - Euren Kameraden aus dem Gebiete von Tabor - den Boden im Eger-Gebiet, in diesem westlichsten Zipfel unseres Landes, welcher wie jener des Kaplitzer Südens eine Bastei der deutschen Zertrümmerer der slawischen Schädeln im böhmischen Westen war. Es ist der ruhmreichen und stolzen Tradition des südböhmischen Volkes würdig, daß es eben dasjenige war, welches auf dem Marsch von Tabor nach Eger und aus dem Budweiser in das Kaplitzer Gebiet die Schlacht landwirtschaftlicher Besiedlung eröffnete, diesen Kampf für die Reinigung des böhmischen Grenzgebietes von den deutschen Fremdlingen. Es ist in gleicher Weise würdig der südböhmischen Tradition, daß die landwirtschaftlichen Arbeiter und Bauern von den südböhmischen Hügeln und Ebenen und den südböhmischen Teichen, aus dem Lande von Hus, Zizka und Chelcicky - ausgezogen sind zum Angriff eben gegen die zwei mächtigsten deutschen Basteien des böhmischen Landes, gegen Eger und das Kaplitzer Gebiet, damit sie durch die Vertreibung der Deutschen aus diesen Schlüsselpositionen auf den Zugängen ins Innere Böhmens gleich am Anfang unseres nationalen Kampfes um das Grenzgebiet im Sturme die festesten Positionen nehmen, auf denen sich durch Jahrhunderte unsere staatliche Fahne und unser nationales Banner neben der Fahne der germanischen Eroberung bescheiden bückte.“
Er betonte, daß es um das definitive Eigentum des Bodens gehe, welcher, so Gott will, für immer ihnen und ihren Familien verbleibe „...Aber wir wissen gut, daß wir nicht mit gutem Gewissen werden verkünden können, daß wir eine neue Republik der Arbeit und des Friedens schaffen werden, solange nicht der letzte Deutsche unsere Grenze überschreitet...“
Aus diesem Aufsatz kann man entnehmen, wie der Redner in der Versammlung auf dem Dorfplatz in Sonnberg gesprochen hat. Siehe das entsprechende Bild:
Bild 1: Hier sieht man den neuen Besitzer mit seinem Fuhrwerk im Hofe des Bauern Adalbert Berger, vulgo Hansl. Er steht hinter dem Pferd. Er war zu Hause Kommunistenführer, Bürgermeister, auf dem Bild 36 Jahre alt und hatte als Übernehmer des Hofes eine zerrissene Hose an. Er forderte Herrn Berger auf, ihm die Schlüssel zu geben, und sagte ihm dann, er wolle ihn nicht mehr sehen. Er und seine Leute sollen schauen, daß sie weiterkommen. Weinend befolgte Herr Berger diesen Auftrag. Er und seine Frau Maria Berger, geb. Prinz, mußten zuerst das Haus verlassen.
Bild 2: Neben dem Pfarrhof und dem Feuerwehrdepot sieht man die neuen Ansiedler mit ihren Wagen.
Bild 3: Das ist das Haus des oben genannten Herrn Adalbert Berger, vulgo Hansl. Man sieht ihn mit dem Gepäck fortziehen: Vorne seine beiden Töchter, als erste Maria, gebrandmarkt als Deutsche mit der Armbinde „N“ = Nemec (Deutscher), damals 21 Jahre alt. Die zweite ist ihre Schwester Anna, um zwei Jahre jünger. Die Frau hinter ihnen ist vermutlich die Mutter des Tschechen, der in das Haus einzog. Ihr taten die beiden Schwestern leid, als sie weinten, geholfen hat sie ihnen nicht, genommen hat sie ihnen auch nichts. Was sie fortträgt, wird ihre Habe gewesen sein. Die neuen Hofbesitzer hatten fast nichts. In den Fenstern ihres geraubten Hofes verwendeten sie Altartücher aus unserer Kirche als Vorhänge. Auf diesen konnte man, wenn man durch das Dorf ging, was bei den beiden Schwestern selten der Fall war, lesen: „Bitt für uns!“ und „Maria hilf!“ Laut Auskunft erfolgte der hier abgebildete Auszug aus dem Elternhause am 24. September 1945. Die Tochter Maria teilt hirzu mit:
„Das war am 24. September 1945. Da haben wir die ganze Nacht nicht mehr geschlafen. Um 3 Uhr früh haben wir ein paar Sachen ins Spiaka Haisl (= Ausnahmshäusl des Bauern Schuh, vulgo Spiaka) getragen, bevor es Tag wurde. Eine Ziege und ein paar Hühner nahmen wir auch mit.
Am 24. September 1945, ein Uhr nachmittags, sind wir von unserem Haus weg ins Spiaka Haisl gezogen. Wenn Vater und meine Schwester Anna bei dem tschechischen Spiaka am Felde arbeiteten und der Tscheche von unserem Hof mit unseren Ochsen und unserem Pferde arbeitete und der Tscheche von unserem Hof mit unseren Ochsen und unserem Pferde auch am Feld war, so liefen sie ihm davon, liefen sie zu unserem Vater und das Pferd wieherte oft laut. Am 16. Juni 1946, das war gerade am Dreifaltigkeitstag, einem Sonntag, in der Frühe um 6 Uhr, führte uns der tschechische Spiaka mit zwei Pferden und einem Leiterwagen nach Kaplitz ins Lager, wo wir bis Freitag blieben. War waren richtig froh, wie wir fortkonnten, obwohl uns heute noch leid ist um unsere so liebe, so schöne Heimat. Dann ging es mit Viehwagen weiter über Furth im Walde und Regensburg bis Landshut, Bayern, wo wir in die Martinsschule wieder ins Lager kamen. Dort mußten wir wieder acht Tage bleiben. Dann wurden wir mit Autobussen in die Dörfer gefahren, wo sie uns brauchten. Wir kamen in einen Bauernhof, da hatten sie sechs Kinder. Vater wurde Knecht, Mutter Schweinemagd. Anni, meine Schwester, übernahm den Kuhstall und Feldarbeit. Und ich, Maria, mußte auf die Kinder aufpasen und flicken und nähen. Dort waren wir vier Jahre bis 1950. Meine Schwester Anni heiratete in Unterunsbach. Wir alle zogen hierher mit und fanden eine neue Heimat. Mein Mann und ich lernten uns 1949 kennen, heirateten 1952 und bauten uns ein Häuschen. Mein Mann ist aus dem Egerland, Karlsbad-Schönwald. So sind wir zufrieden, wenn wir nur mit Gottes Hilfe gesund sind.“ Maria führt seit ihrer Verheiratung den Namen Langer."
Bild 4: Die neuen Siedler werden auf dem Dorfplatz feierlich begrüßt. Die Rednertribüne mußte von den Deutschen errichtet werden. In der Nacht vorher wurde Sonnberg von tschechischem Militär umstellt; es durfte niemand heraus und niemand herein. Ein Bataillonsstab war in der Schule stationiert. Unter den Teilnehmern waren Deutsche und Tschechen. Man sieht zwei Gruppen. In der unteren Gruppe befanden sich auch Deutsche, in der oberen Gruppe wahrscheinlich nur Tschechen - die tschechischen „Befreier“, die uns von unserem Eigentum befreiten. In der ehemals deutschen Schule wurde - welch ein Hohn! - ein tschechisches Arbeitsamt eingesetzt, von dem die Deutschen in verschiedene Ortschaften zwangsverteilt wurden. Ferner zogen die Tschechen nach der Feier mit der Musik (!!) nach Buschendorf. Hier wurde in dem Herrn Haas, vulgo Wostei, gehörigen Bauernhaus ebenfalls ein tschechisches Arbeitsamt eingerichtet und die Buschendeafa wurden ins tschechische Gebiet verschleppt. Damals zogen die Bewohner von Tritschmersch als bereits Zwangsverschleppte durch Buschendorf durch, einem ungewissen und traurigen Schicksal entgegen.
Die tschechischen Unterschriften unter den Bildern, ins Deutsche übersetzt, besagen:
Bild 1 und 2: „Lange Reihen von Fahrzeugen führten die Landwirte aus dem Budweiser Gebiet in ihre neuen Behausungen.“
Bild 3: „Die Deutschen wurden aus dem Grenzgebiet auf denselben Wagen herausgeführt, mit denen sich die tschechischen Landwirte ansiedelten.“
Bild 4: „Die tschechischen Landwirte wurden im Kaplitzer Gebiet feierlich willkommen geheißen.“
Wie es jetzt in Sonnberg aussieht, darüber brauche ich wohl nicht zu berichten. So manche waren jetzt drinnen und konnten sich mit eigenen Augen von dem Verfall des einst blühenden Dorfes überzeugen. Anerkannt seien jedoch die Leistung für das alte Schloß.